Die Idee des existenzsichernden Lohns: Arbeitnehmer und ihre Familien sollen mit der Vergütung, die sie erhalten, in der Lage sein, ein menschenwürdiges Leben zu führen. Deshalb sollte ein existenzsichernder Lohn mehr leisten, als Arbeitnehmer und ihre Familien vor der Armut zu bewahren. Ihnen sollte es möglich sein, für sich selbst und ihre Familien zu sorgen – sowohl in Bezug auf Unterkunft, Nahrung, Bildung und Gesundheitsversorgung.
Bis 2018 waren die meisten Forschungsarbeiten zum Thema existenzsichernder Lohn sehr tiefgründig und aufwändig. Aus Unternehmenssicht ist es aber oft nicht möglich, für jedes gehandelte Produkt eine solche Studie durchzuführen. Daher zielte unser Pilotprojekt darauf ab, die Möglichkeiten einer relativ schnellen, aber genauen Bewertung des existenzsichernden Lohns zu erforschen. Dafür wurden existenzsichernden Löhne in der Lieferkette von Eosta untersucht.
Kooperationspartner
Eosta ist Mitglied der SIFAV-Plattform, einer Initiative der IDH (Initiative für nachhaltigen Handel). Ziel ist eine 100-prozentig nachhaltige Beschaffungspolitik bis 2020. Ein Schwerpunkt dieser Initiative liegt auf den Lebensbedingungen und Lebensgrundlagen der Landwirte in den Herkunftsländern. In enger Zusammenarbeit mit IDH und Hivos wurde im Rahmen des Pilotprojekts „Lohn zum Leben“ die produktspezifische Lieferkette für Bio-Avocados aus Kenia untersucht.
Ergebnisse
Das Pilotprojekt macht deutlich, dass nicht alle der Kleinbauern, mit denen der Bio-Avocado-Erzeuger von Eosta kooperiert, mit dem Verkauf der Früchte ihren Lebensunterhalt verdienen können. Die untenstehende „Lohnleiter“-Grafik zeigt das Einkommen der Landwirte pro Tag. Im Moment erzielen nur 21% der Landwirte, mit denen der Avocado-Erzeuger von Eosta kooperiert, ein existenzsicherndes Einkommen. Diese Landbaubetriebe werden als „Großerzeuger“ eingestuft – zusammen produzieren sie die Mehrheit der Avocados. Die meisten Landwirte zählen jedoch zu den „Kleinerzeugern“ und „mittelgroßen Erzeugern“ mit einer Produktionsmenge zwischen 1.000 und 10.000 Stück Obst pro Jahr.
Gewonnene Erkenntnisse
- Es muss zwischen einem existenzsichernden Einkommen und einem existenzsichernden Lohn unterschieden werden, jedoch ist ein existenzsicherndes Einkommen schwerer zu ermitteln als ein existenzsichernder Lohn. Da das Einkommen von vielen verschiedenen Faktoren abhängt, ist im Rahmen eines Quick-Assessments schwerer erfassbar, ob ein Landwirt genug verdient, um ein angemessenes Leben zu führen. Dies ist denn auch der Bereich, in dem weitere Untersuchungen notwendig sind.
- Das existenzsichernde Einkommen kann nur im Kontext wirtschaftlicher Faktoren diskutiert werden. Wenn Menge und Qualität der Produkte nicht internationalen Standards entsprechen, ist es für Landwirte fast unmöglich, ein existenzsicherndes Einkommen zu erzielen.
- Das von uns entwickelte Quick-Assessment-Tool (siehe Seite 34 im Bericht) soll mithilfe von Schlüsselfragen korrekte Lohninformationen pro Stakeholder ermitteln. Dieses Tool soll uns helfen, einen Überblick über die aktuellen Löhne (und Lücken) der verschiedenen Lieferanten zu erhalten.
- Um Löhne oder Einkommen zu verbessern, ist es nicht mit einer Erhöhung der Verbraucherpreise getan. Um die Preise auf Erzeugerebene nachhaltig anzuheben, müssen die verschiedenen Akteure in der Lieferkette bereit sein, einen Aufschlag zu zahlen. In diesem Fall ist Transparenz in der gesamten Lieferkette ein wichtiger erster Schritt hin zu existenzsichernden Löhnen.
- Ein wichtiger nächster Schritt ist das Besprechen der Ergebnisse dieser Studie mit den verschiedenen Interessengruppen, die an dieser produktspezifischen Lieferkette beteiligt sind. Das bisher erworbene Wissen können wir nutzen, um mit dem Exporteur, dem Verpacker und den Landwirten in einen konstruktiven Dialog zu treten.