Unser Pilotprojekt zu existenzsichernden Löhnen – mehr als nur Mindestlohn

Bereits 2018 führte Eosta in enger Zusammenarbeit mit den NGOs IDH und Hivos ein Pilotprojekt zu existenzsichernden Löhnen in Kenia durch. Ziel des Pilotprojekts, das am Beispiel eines kenianischen Avocado-Lieferanten durchgeführt wurde, war es, herauszufinden, ob der existenzsichernde Lohn als Maßnahme zur Verbesserung der sozialen Nachhaltigkeit dienen kann. Aus dem Pilotprojekt ergab sich eine Schnellbewertungsmethode – außerdem wurde deutlich, dass ein Fokus auf existenzsichernde Löhne zu einer besseren Vernetzung innerhalb der Lieferkette führen kann.

Die Idee des existenzsichernden Lohns: Arbeitnehmer und ihre Familien sollen mit der Vergütung, die sie erhalten, in der Lage sein, ein menschenwürdiges Leben zu führen. Deshalb sollte ein existenzsichernder Lohn mehr leisten, als Arbeitnehmer und ihre Familien vor der Armut zu bewahren. Ihnen sollte es möglich sein, für sich selbst und ihre Familien zu sorgen – sowohl in Bezug auf Unterkunft, Nahrung, Bildung und Gesundheitsversorgung. 

Bis 2018 waren die meisten Forschungsarbeiten zum Thema existenzsichernder Lohn sehr tiefgründig und aufwändig. Aus Unternehmenssicht ist es aber oft nicht möglich, für jedes gehandelte Produkt eine solche Studie durchzuführen. Daher zielte unser Pilotprojekt darauf ab, die Möglichkeiten einer relativ schnellen, aber genauen Bewertung des existenzsichernden Lohns zu erforschen. Dafür wurden existenzsichernden Löhne in der Lieferkette von Eosta untersucht.

Kooperationspartner
Eosta ist Mitglied der SIFAV-Plattform, einer Initiative der IDH (Initiative für nachhaltigen Handel). Ziel ist eine 100-prozentig nachhaltige Beschaffungspolitik bis 2020. Ein Schwerpunkt dieser Initiative liegt auf den Lebensbedingungen und Lebensgrundlagen der Landwirte in den Herkunftsländern. In enger Zusammenarbeit mit IDH und Hivos wurde im Rahmen des Pilotprojekts „Lohn zum Leben“ die produktspezifische Lieferkette für Bio-Avocados aus Kenia untersucht.

Ergebnisse
Das Pilotprojekt macht deutlich, dass nicht alle der Kleinbauern, mit denen der Bio-Avocado-Erzeuger von Eosta kooperiert, mit dem Verkauf der Früchte ihren Lebensunterhalt verdienen können. Die untenstehende „Lohnleiter“-Grafik zeigt das Einkommen der Landwirte pro Tag. Im Moment erzielen nur 21% der Landwirte, mit denen der Avocado-Erzeuger von Eosta kooperiert, ein existenzsicherndes Einkommen. Diese Landbaubetriebe werden als „Großerzeuger“ eingestuft – zusammen produzieren sie die Mehrheit der Avocados. Die meisten Landwirte zählen jedoch zu den „Kleinerzeugern“ und „mittelgroßen Erzeugern“ mit einer Produktionsmenge zwischen 1.000 und 10.000 Stück Obst pro Jahr.

Gewonnene Erkenntnisse

  • Es muss zwischen einem existenzsichernden Einkommen und einem existenzsichernden Lohn unterschieden werden, jedoch ist ein  existenzsicherndes Einkommen schwerer zu ermitteln als ein existenzsichernder Lohn. Da das Einkommen von vielen verschiedenen Faktoren abhängt, ist im Rahmen eines Quick-Assessments schwerer erfassbar, ob ein Landwirt genug verdient, um ein angemessenes Leben zu führen. Dies ist denn auch der Bereich, in dem weitere Untersuchungen notwendig sind.
  • Das existenzsichernde Einkommen kann nur im Kontext wirtschaftlicher Faktoren diskutiert werden. Wenn Menge und Qualität der Produkte nicht internationalen Standards entsprechen, ist es für Landwirte fast unmöglich, ein existenzsicherndes Einkommen zu erzielen.
  • Das von uns entwickelte Quick-Assessment-Tool (siehe Seite 34 im Bericht) soll mithilfe von Schlüsselfragen korrekte Lohninformationen pro Stakeholder ermitteln. Dieses Tool soll uns helfen, einen Überblick über die aktuellen Löhne (und Lücken) der verschiedenen Lieferanten zu erhalten.
  • Um Löhne oder Einkommen zu verbessern, ist es nicht mit einer Erhöhung der Verbraucherpreise getan. Um die Preise auf Erzeugerebene nachhaltig anzuheben, müssen die verschiedenen Akteure in der Lieferkette bereit sein, einen Aufschlag zu zahlen. In diesem Fall ist Transparenz in der gesamten Lieferkette ein wichtiger erster Schritt hin zu existenzsichernden Löhnen.
  • Ein wichtiger nächster Schritt ist das Besprechen der Ergebnisse dieser Studie mit den verschiedenen Interessengruppen, die an dieser produktspezifischen Lieferkette beteiligt sind. Das bisher erworbene Wissen können wir nutzen, um mit dem Exporteur, dem Verpacker und den Landwirten in einen konstruktiven Dialog zu treten.

FAQ

Was ist ein existenzsichernder Lohn?

Ein existenzsichernder Lohn meint, dass die Arbeiter und ihre Familien von dem Gehalt, das sie erhalten, auch leben können. Zu einem angemessenen Lebensstandard gehören Lebensmittel, Wasser, Wohnraum, Bildung, Gesundheitsfürsorge, Transport, Kleidung und andere Grundbedürfnisse, einschließlich eines Notgroschens für unerwartete Ereignisse (Anker & Anker, 2017).

Wer legt fest, wie hoch ein existenzsichernder Lohn sein muss?

Die Global Living Wage Coalition (https://www.globallivingwage.org/) ist das internationale Gremium, das weltweit Lohnstandards festlegt. Diese Benchmarks werden von Anker & Anker verifiziert, zwei Forscher, die eine detaillierte Methodik für die Bewertung existenzsichernder Löhne auf der ganzen Welt entwickelt haben.

Warum befasst sich Eosta mit diesem Thema?

Gemäß der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen hat „jeder, der arbeitet, das Recht auf gerechte und befriedigende Entlohnung, die ihm und seiner Familie eine der menschlichen Würde entsprechende Existenz sichert“. Dazu möchten wir von Eosta unseren Beitrag leisten – denn die Wertschöpfung findet beim Bauern statt, nicht beim Importeur oder Verpacker. Außerdem denken wir, dass existenzsichernde Löhne eine immer wichtigere Rolle bei der Kaufentscheidung für oder gegen ein Produkt spielen werden. Immer mehr Konsumenten sind nicht mehr dazu bereit, zu akzeptieren, dass Menschen in anderen Teilen der Welt in großer Armut leben, um uns im Westen mit billigen Konsumgütern und Nahrungsmitteln zu versorgen.

Was ist der unmittelbare Grund für dieses Projekt?

Im Landwirtschaftssektor muss noch stark daran gearbeitet werden, um sicherzustellen, dass Landwirte von ihrer Arbeit ein angemessenes Leben führen können. Damit wir aus Unternehmenssicht existenzsichernde Löhne besser verstehen, haben wir das Pilotprojekt „Lohn zum Leben“ gemeinsam mit IDH - The Sustainable Trade Initiative und der niederländischen Nichtregierungsorganisation Hivos gestartet. Das Pilotprojekt bezieht sich auf die Löhne von Arbeitern innerhalb der Lieferkette von Bio-Avocados in Kenia – einem unserer wichtigsten Produkte.

Was lernt Eosta aus diesem Pilotprojekt?

Zuerst einmal haben wir gelernt, bestehende Löhne und die vorherrschenden Lücken zum existenzsichernden Lohn zu ermitteln. Daraus konnten wir ein Quick-Assessment-Tool entwickeln, mit dem sich zukünftig auch aktuelle Löhne und Lohnlücken anderer Zulieferer ermitteln lassen. Landwirte erhalten ein Einkommen statt eines Lohns, was uns vor das Problem stellt, dass dieses Einkommen weitaus schwieriger zu ermitteln ist. Das Einkommen eines Landwirts ist komplex und hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab – wie Produktqualität, Anbaufläche, Erntemenge und Verhandlungsgeschick. Das macht es schwierig, zu ermitteln, wie hoch das durchschnittliche Einkommen eines Landwirts ist.

Welche Schritte werden folgen?

Wir planen, das Quick-Assessment-Tool weiter auszubauen und auf Löhne bzw. Lohnlücken anderer Zulieferer anzuwenden. Darüber hinaus werden wir uns verstärkt der Qualitätsentwicklung der kenianischen Bio-Avocados widmen. Darin sehen wir eine nachhaltige Maßnahme zur langfristigen Erhöhung des Einkommens der Bauern.

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Den kompletten „Lohn zum Leben“-Bericht herunterladen machen Sie hier.